Erläuterungen
Ansicht
Beeinflusst durch ihre oft extremen technischen Anforderungen bestimmen Material
und Konstruktion in besonderem Maße das Erscheinungsbild von Brücken. Neuerungen,
vom Einsatz des Bogens bei den Römern bis hin zum Spannbeton der Gegenwart, sind
selten, verändern die Morphologie aber häufig entscheidend. Die Grenzen
des Machbaren als wesentliche Einflußgrößen des Entwurfs steckt
in vergleichbarer Weise auch den Rahmen der Statik ab. Ihre Rechenmodelle, immer
nur Annäherung an die Realität, können mathematisch nur simulieren,
was mit vertretbarem Aufwand beherrschbar ist. Das seit der Aufklärung
allgemeingültige Axiom der Zergliederung von Betrachtungsgegenständen
zu deren Erkenntnis bewirkte im Bauingenieurwesen ein Zerteilen in Kräfte, die
in einzelnen Stäben abgeführt wurden. Betrachtungsweise und Phänomenologie
bedingen sich direkt und sorgen wie selbstverständlich, da sie einem seit
Jahrhunderten verinnerlichten Denkschema entsprechen, für eine Verständlichkeit
auf den ersten Blick. Mittlerweile ermöglichen moderne Rechnerkapazitäten, konstruktive
Probleme stärker als das darzustellen, was sie wirklich sind: komplexe Gefüge
von gegenseitigen Bedingungen, ein vielschichtiges Zusammenspiel verschiedener
Elemente in wechselseitigen Abhängigkeiten und Einflüssen. Konnte
diese Verfahrensweise zwar den Materialeinsatz erheblich vermeiden helfen, so
führte sie aber nicht zu einem Erscheinungsbild, der diese Möglichkeiten
abbildet.
Konstuktion: Ansicht
Der heute gängigen Stahlbogenbrücke ist mit dem alten Schema
konkreter, singulärer Aufgaben für alle konstruktiven Glieder nicht
beizukommen. Der Balken, häufig so dick, als wenn er allein trüge,
läßt die Frage nach dem Sinn des zusätzlichen Bogens aufkommen. An
diesem Punkt setzt der Entwurf an. Ziel ist nicht die vergröbernde Großform
weniger Elemente, sondern Schaffung eines Gesamtbildes mehrschichtig sich straffende
Bauteile zu einer untrennbaren Einheit. Die Aufgliederung des Balkens zu einem
Fachwerkträger und sein Vernähen zu den Auflagern hin mit dem Bogen
schafft einen bildhaften Zusammenhang, nicht allein Bogen oder Balken, sondern
statisch-konstruktiv untrennbare Einheit. Der Entwurf kann nicht losgelöste
Gestaltung sein; seine Kraft beruht darin, dass er nur zeigt und durch Ordnung
augenfällig macht, was rechnerisch statisch zugrunde liegt. Dieser Grundsatz
zieht sich vom Gesamtbild bis ins Detail durch. Nicht einzelne Stäbe stoßen
unvermittelt zusammen, sondern - erleichtert durch moderne Schweißtechniken - entsteht
eine Gesamtform der allmählichen Übergänge und verschleifenden
Ausrundungen, die dem Kraftfluß folgen.
Die filigrane Ausbildung der Form vereint alle Glieder und setzt den Knoten Grenzen. Diese
oberste Prämisse ist Anlass, die Bögen zueinander zu neigen, um nach
Auskreuzung eine Aussteifung zu erreichen, die der Schlankheit der einzelnen Glieder
zugute kommt, ohne die Dominanz der einzelnen Bogenscheiben zu beeinträchtigen.
Die weiteren Details ordnen sich dieser Großform unter: die konsequenter Weise
schräggestellten Pylone, die schlichte Form des Widerlagerblocks, die geradlinigen
Treppenläufe.
Konstruktion: Grundriß
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